Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als selbstständige Dozentin.

Sie ist geboren und von Beruf Fremdsprachen-Korrespondentin. Sie war und ist im Beitrittsgebiet wohnhaft, wo sie seit dem 10. April 1978 für verschiedene Auftraggeber als selbstständige Dozentin versicherungspflichtig tätig ist; versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigte sie zu keinem Zeitpunkt.

Nachdem sie bis zum 31. Dezember 1991 zunächst Beiträge zur Sozialversicherung der DDR bzw. der Überleitungsanstalt Sozialversicherung (ÜLA) entrichtet hatte, gab sie auf einem von ihr am 30. März 1992 unterschriebenen "Fragebogen zur Umstellung der Beitragszahlung zur Angestelltenversicherung für eine Pflichtversicherung von selbständig Tätigen im Beitrittsgebiet ab 1.1.1992" gegenüber der Beklagten an, Pflichtbeiträge nach einem Arbeitseinkommen von 7.400 DM jährlich zahlen zu wollen und erteilte der Beklagten hinsichtlich der Beiträge eine widerrufliche Einzugsermächtigung zu Lasten ihres Girokontos.

Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 09. November 1992 mit, dass sie nach § 229a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in ihrer selbstständigen Tätigkeit weiterhin der Versicherungspflicht unterliege, weil sie am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig gewesen sei. Die Versicherungspflicht ende mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht entfallen. Sie werde daher gebeten, die Aufgabe ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Ferner habe sie ihrem Antrag entsprechend ab dem 01. Januar 1992 einen monatlichen Beitrag iHv 109,15 DM zu zahlen; aufgrund der von der Klägerin erteilten Einzugsermächtigung sind entsprechende Beiträge letztmalig für Juli 1994 eingezogen worden.

Mit Schreiben vom 28. März 1994 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Erklärung zur einkommensgerechten Beitragszahlung abzugeben. Daraufhin beantragte die Klägerin am 27. Juni 1994, sie zum 30. Juni 1994 von der Versicherungspflicht zu befreien, falls eine solche für ihre Tätigkeit als freiberufliche Dozentin bestehe, da ihre Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit weit unter der Bemessungsgrenze für den Regelbeitrag lägen. Falls keine Versicherungspflicht bestehe, kündige sie ihre "freiwillige Rentenversicherung" ebenfalls zum vorgenannten Termin. Sie werde auf privater Basis eine geeignete Altersvorsorge in angemessener Höhe treffen. Im Übrigen bestünden aufgrund ihrer 18-jährigen Beitragszahlung bereits Rentenansprüche.

Da die Klägerin keine Einkommensnachweise vorlegte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 1994 den monatlichen Rentenversicherungsbeitrag ab August 1994 mit 591,36 DM (Regelbeitrag) fest.

Im Anschluss an den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin teilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 06. September 1994 Folgendes mit: Sie unterliege weiterhin der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI, weil die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht endgültig aufgegeben worden sei und sie im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige. Zwar zahlten versicherungspflichtige Selbstständige grundsätzlich den Regelbeitrag, der einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße entspreche. Entsprechend den Angaben des Steuerberaters erziele die Klägerin kein bzw. nur ein negatives Einkommen. Daher seien Beiträge nicht zu zahlen. Die Klägerin werde gebeten, zu gegebener Zeit geeignete Beweismittel über ihr tatsächlich erzieltes Arbeitseinkommen für das Jahr 1993/1994 aus selbstständiger Tätigkeit einzusenden (z.B. Einkommenssteuerbescheid, Bescheinigung des Steuerberaters). Die Beklagte werde dann nachträglich über Höhe und Umfang der Beitragszahlung entscheiden. Die Versicherungspflicht ende mit Ablauf des Tages, an dem die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht wegfielen. Die Klägerin werde daher gebeten, die eventuelle Aufgabe ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Darüber hinaus war der Bescheid mit einem handschriftlichen Zusatz versehen, wonach der Bescheid "über die Versicherungspflicht" vom 21. Juli 1994 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) aufgehoben werde.

Mit Versicherungsbeginn zum 01. Dezember 1995 schloss die Klägerin eine kapitalbildende Lebensversicherung ab, die bei Erleben des 60. Lebensjahres fällig wird.

Im Rahmen eines Versorgungsausgleichsverfahrens legte die Klägerin auf Anforderung der Beklagten 1999 ihre Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1997 sowie eine Bescheinigung ihrer Steuerberaterin über das im Jahre 1998 erzielte Einkommen vor.

Daraufhin erließ die Beklagte am 20. Dezember 1999 einen Bescheid, mit dem sie für die Zeit von Dezember 1994 bis Dezember 1999 eine Gesamtbeitragsforderung von 6.163,40 DM festsetzte. Der dagegen von der Klägerin eingelegte Widerspruch ist noch nicht beschieden.

Mit Versicherungsbeginn zum 01. Mai 2000 schloss die Klägerin eine Rentenversicherung für den Fall des Erlebens des 65. Lebensjahres bzw. bei Berufsunfähigkeit (einschließlich weiterem Aufbau der Lebensfallleistung) ohne Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab.

Den von der Klägerin im August 2001 unter Berufung auf die Regelung des § 231 Abs. 6 SGB VI gestellte Antrag, sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien, in dem sie angab, vor dem 01. Januar 1999 keine Kenntnis von der Versicherungspflicht aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit gehabt zu haben, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04. Oktober 2001 mit der Begründung ab, die Klägerin habe aufgrund des Bescheides vom 06. September 1994 und damit vor dem 01. Januar 1999 Kenntnis von der Versicherungspflicht gehabt.

Mit ihrem Widerspruch trat die Klägerin dieser Auffassung entgegen und stützte sich dabei auf den handschriftlichen Zusatzes im Bescheid vom 06. September 1994 und den Umstand, danach bis zum 20. Dezember 1999 keine weiteren Bescheide erhalten zu haben. Damit sei sie im Glauben gewesen, weiterhin nicht versicherungspflichtig gewesen zu sein. Aus diesem Grunde habe sie 1995 eine private Lebensversicherung abgeschlossen. Deswegen könne ihr nicht unterstellt werden, von der Versicherungspflicht Kenntnis gehabt zu haben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2001). Der Bescheid vom 21. Juli 1994 sei (lediglich) insoweit aufgehoben worden, dass eine Beitragszahlung des Regelbetrags wegen des geringen Arbeitseinkommens nicht erforderlich gewesen sei. Keinesfalls sei jedoch generell die Versicherungspflicht aufgehoben worden.

Mit der vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt hat, hat sie darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des handschriftlichen Zusatzes im Bescheid vom 06. September 1994 nicht in Einklang zu bringen sei mit der Auslegung dieses Zusatzes durch die Beklagte. Sie sei jedenfalls seit Zugang des Bescheides vom 06. September 1994 davon ausgegangen, dass man ihrem Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. Juli 1994 stattgegeben habe und sie nicht mehr versicherungspflichtig sei.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2003 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr die Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 SGB VI bis zum 31. Dezember 1998 nicht bekannt gewesen sei. Dem Bescheid vom 06. September 1994 sei eindeutig zu entnehmen gewesen, dass die Klägerin weiterhin der Versicherungspflicht unterliege, nunmehr allerdings nicht – wie zuvor irrtümlich im Bescheid vom 09. November 1992 angenommen – aufgrund von § 229a SGB VI, sondern aufgrund von § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI. Lediglich hinsichtlich der angegriffenen Festsetzung der Beitragshöhe habe die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 1994 abgeholfen. Eine andere rechtliche Beurteilung folge auch nicht aus dem weiteren Verhalten der Klägerin (keine weitere Beitragszahlung, Abschluss privater Versicherungsverträge). Nach § 231 Abs. 6 SGB VI könnten überhaupt nur Personen im guten Glauben auf das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht anderweitige Altersvorsorge betreiben. Die Klägerin habe aber durch die Bescheide vom 09. November 1992 und vom 06. September 1994 positive Kenntnis von ihrer Versicherungspflicht gehabt. Diese Kenntnis könne durch anderweitige Altersvorsorge und durch die nachträgliche Beantragung der Befreiung nicht beseitigt werden. Nicht ausreichend sei in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin keine weiteren Beiträge an die Beklagte gezahlt habe. Allein aus dem Umstand, dass die Klägerin entgegen der Aufforderung der Beklagten später nicht mehr mit dieser in Verbindung gesetzt habe, könne nicht sicher auf die Motive der Klägerin geschlossen werden. Möglicherweise sei sie davon ausgegangen, dass wegen der Geringfügigkeit ihres Einkommens weiterhin keine Beitragspflicht bestanden habe, oder sie habe darauf vertraut, dass sich die Beklagte in dieser Angelegenheit nicht mehr bei ihr melden würde.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Oktober 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie ab dem 01. Januar 1992 von der Versicherungspflicht in ihrer selbstständigen Tätigkeit als Dozentin zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält sowohl das angefochtene Urteil als auch ihren angefochtenen Bescheid in der Sache für zutreffend.

Am 23. August 2006 hat der Berichterstatter des Senats einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 04. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2001 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat bzgl ihrer selbstständigen Tätigkeit als Dozentin keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Voraussetzungen der Befreiungsnorm des § 231 Abs. 6 SGB VI erfüllt die Klägerin nicht. Nach dieser durch Art 2 Buchst b des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 03. April 2001 (BGBl I 467) mit Wirkung vom 07. April 2001 (Art 3 des Gesetzes) in das SGB VI eingefügten Vorschrift werden Personen, die am 31. Dezember 1998 eine nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder § 229a Abs. 1 SGB VI versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben, auf Antrag von dieser Versicherungspflicht befreit, wenn sie (1.) glaubhaft machen, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt von der Versicherungspflicht keine Kenntnis hatten, und (2.) vor dem 02. Januar 1949 geboren sind oder (3.) vor dem 10. Dezember 1998 eine anderweitige Vorsorge im Sinne des § 236 Absatzes 5 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 oder Satz 2 SGB VI für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall für Hinterbliebene getroffen haben; Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 und 3 und Satz 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Datums 30. Juni 2000 jeweils das Datum 30. September 2001 tritt. Die Befreiung ist bis zum 30. September 2001 zu beantragen; sie wirkt vom Eintritt der Versicherungspflicht an.

Die Klägerin gehört zwar zum Adressatenkreis der Norm, weil sie nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 2 Nr. 1 SGB VI (nach Anfügung des Satzes 2 durch Art 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl I S 388) ab 01. April 1999 (vgl. Art 19 des Gesetzes) § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (im Folgenden einheitlich: § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI)), wonach selbständige Lehrer versicherungspflichtig sind, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, am maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 1998, auf den abzustellen ist, in ihrer selbstständigen Tätigkeit als Dozentin der Versicherungspflicht unterlag. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-2600 § 2 Nr. 5).

Es ist auch nicht so, dass die Klägerin bereits deswegen nicht dem Adressatenkreis der in Rede stehenden Befreiungsnorm unterfällt, weil die Beklagte im Bescheid vom 06. September 1994 bereits einen der Bindung fähigen Verfügungssatz (iS des § 77 SGG) zum Nicht-Vorliegen von Versicherungspflicht (vgl. BSG SozR 4-2600 § 2 Nr. 6) erlassen hätte (vgl. zum Vorliegen von Versicherungspflicht als begriffslogische und sprachlich logische Voraussetzung der Befreiung bereits BSG vom 28. Juni 1990 - 4 RA 12/90- veröffentlicht in juris).

Dieser Bescheid muss mit seinem bekanntgegebenen Inhalt (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB X) aus dem objektivierten Empfängerhorizont heraus (BSG SozR 3-1300 § 32 Nr. 2 mwN) ausgelegt werden. Er enthält drei Verfügungssätze (Verwaltungsakte iS von § 31 SGB X): zunächst den über die weiterhin (über den 31. Dezember 1991 hinaus) bestehende Versicherungspflicht als Selbständige (Verfügungssatz 1), mit dem die Beklagte nicht lediglich iS einer (nicht anfechtbaren) "wiederholenden Verfügung" (vgl. zum Rechtsbegriff: BSG SozR 3-5850 § 3c Nr. 3 S. 15 und SozR 3-2200 § 248 Nr. 1 S 3 f jeweils mwN) an ihrer bereits im Bescheid vom 09. November 1992 - und gegebenenfalls im Beitragsbescheid vom 21. Juli 1994 erneut (dazu später) - getroffenen Feststellung über die Versicherungspflicht festgehalten hat, sondern nach erneuter - inhaltlicher - Sachprüfung eine Entscheidung über die Versicherungspflicht als Selbständige getroffen und damit insoweit den Bescheid vom 09. November 1992 bzw. unter Umständen auch den Beitragsbescheid vom 21. Juli 1994 (teilweise) ersetzt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X). Gegen die Annahme eines eigenständigen Verwaltungsaktes spricht nicht die von der Beklagten gewählte Formulierung, wonach die Klägerin "weiterhin" der Versicherungspflicht unterliege. Zwar könnte diese Formulierung darauf hindeuten, dass die Beklagte lediglich die diesbezügliche Entscheidung im Bescheid vom 09. November 1992 wiederholt hat. Dagegen spricht aber - und das ist ausschlaggebend -, dass sie nunmehr den zutreffenden Grund für die Versicherungspflicht angeführt hat, was eine vorangegangene inhaltliche Prüfung voraussetzt. Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die angegebene Rechtsgrundlage Teil des die Versicherungspflicht feststellenden Verfügungssatzes ist oder lediglich dessen Begründung. Des Weiteren hat die Beklagte verfügt, dass die Klägerin (derzeit) nicht zur Beitragzahlung verpflichtet ist (Verfügungssatz 2) und schließlich die Aufhebung des Bescheids vom 21. Juli 1994 "über die Versicherungspflicht" (Verfügungssatz 3). Der Bescheid vom 06. September 1994 konnte von der Klägerin nur dahin verstanden werden, dass sie weiterhin der Versicherungspflicht als selbständige Dozentin unterlag und dabei lediglich derzeit von der Beitragszahlung befreit war.

Dem kann angesichts des gesamten Inhalts des Bescheids nicht entgegengehalten werden, die Klägerin habe wegen der durch den handschriftlichen Zusatz verfügten Aufhebung des Bescheides vom 21. Juli 1994 annehmen dürfen, von der Versicherungspflicht befreit zu werden. Dabei ist es nicht entscheidungserheblich, ob in dem zuletzt genannten Bescheid neben den Entscheidungen über Beitragspflicht und Beitragshöhe ab August 1994 auch nochmals eine Entscheidung über die Versicherungspflicht verlautbart worden ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde eine Aufhebung dieser Entscheidung nichts daran ändern, dass im Bescheid vom 06. September 1994 im Verfügungssatz 1 eine Entscheidung von der Beklagten getroffen worden ist, von der sie erkennbar nicht abrücken wollte. Eine gegenteilige Argumentation verquickt Gesichtspunkte der individuellen Bösgläubigkeit des Adressaten einer behördlichen Mitteilung (durfte die Klägerin annehmen, sie sei von der Versicherungspflicht befreit?) mit ihrem erkennbaren Regelungsgehalt; sie steht im Widerspruch zur Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB X: Ein Verwaltungsakt wird hiernach mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird. Deshalb muss das Schwergewicht der Auslegung nicht auf dem - subjektiven - Erkenntnisstand seines Empfängers, sondern auf den Aussagen des Bescheides liegen. Diese aber mussten auch deswegen dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte die Klägerin lediglich derzeit von der Beitragszahlung nicht jedoch von der Versicherungspflicht befreit hat, weil anderenfalls – wie das SG bereits zutreffend hervorgehoben hat – die übrigen Ausführungen im Bescheidtext sinnlos gewesen wären, insbesondere die Bitte, Nachweise über das tatsächlich von der Klägerin erzielte Einkommen in den Jahren 1993/94 vorzulegen und die Beendigung der selbständigen Tätigkeit anzuzeigen.

Die Klägerin hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass sie bis zum 31. Dezember 1998 keine Kenntnis von ihrer Versicherungspflicht als selbständige Lehrerin gehabt hat – so Voraussetzung (1.).

Wie sich auch aus der Gesetzesbegründung ergibt, richten sich die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nach allgemeinem Verfahrensrecht. Damit ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, das sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstreckt, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Die fehlende Kenntnis von der Versicherungspflicht kann also z.B. dadurch glaubhaft gemacht werden, dass die Betreffenden nach Inkrafttreten der Versicherungspflicht für arbeitnehmerähnliche Selbständige (§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) fristgerecht einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt haben, denn ein solches Verhalten legt die Vermutung nahe, dass die Betreffenden bis dahin der Annahme waren, nicht versicherungspflichtig gewesen, sondern erst durch die Neuregelung versicherungspflichtig geworden zu sein. Die fehlende Kenntnis von der Versicherungspflicht wird ferner dadurch glaubhaft gemacht werden können, dass sich die Betreffenden im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer selbständigen Tätigkeit für eine andere Form der Altersvorsorge entschieden und diese seitdem mit Einkommen aus dieser Tätigkeit auf- oder ausgebaut haben (BT-Drucks 14/5095 S 11).

Zwar hat die Klägerin den Befreiungsantrag noch innerhalb der bis zum 30. September 2001 laufenden Frist gestellt (hier: nämlich im August 2001) und geltend gemacht, außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung für ihr Alter vorgesorgt zu haben. Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ableiten, sie habe im fraglichen Zeitraum keine Kenntnis von ihrer Rentenversicherungspflicht als selbständige Lehrerin gehabt. Einer solchen Würdigung stehen bereits der Bescheid vom 09. November 1992 und die in dessen Folge bis zum 31. Juli 1994 geleisteten Pflichtbeiträge entgegen. Hieraus ergibt sich vielmehr eindeutig, dass die Klägerin i.S.v. § 231 Abs. 6 SGB VI vor 1999 Kenntnis von ihrer Versicherungspflicht hatte, was von der Klägerin im Grunde auch nie in Abrede gestellt worden ist. Dass die Beklagte im Bescheid vom 09. November 1992 die Versicherungspflicht ab dem 01. Januar 1992 irrtümlich auf § 229a SGB VI statt, wie es zutreffend gewesen wäre, auf § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gestützt hat, spielt im vorliegenden Zusammenhang selbst dann keine Rolle, wenn man davon ausgehen sollte, dass es sich dabei nicht lediglich um eine Begründung, sondern um einen Teil der Regelung zur Versicherungspflicht handeln sollte. Denn daran, dass die Klägerin wusste, dass sie aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag, ändert dies nichts. Auf die vom SG und den Beteiligten in den Mittelpunkt des Streits gerückte Frage, ob diese Kenntnis möglicherweise nach dem Schriftwechsel im Jahre 1994 verlorengegangen ist und am 31. Dezember 1998 nicht mehr vorlag, kommt es nicht an, worauf der Berichterstatter des Senats die Beteiligten bereits im Erörterungstermin vom 23. August 2006 hingewiesen hat. Denn das Gesetz verlangt nicht, dass die erlangte Kenntnis bis zum 31. Dezember 1998 fortbestanden haben muss (so bereits Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Urteil vom 19. August 2005 L 4 KR 5042/03 und hierauf Bezug nehmend LSG für das Saarland Urteil vom 16. März 2006 L 1 RA 25/04, beide veröffentlicht in juris). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Befreiungsregelung, die die Befreiung ua an die Bedingung knüpft, dass nur die Personen befreit werden können, die am 31. Dezember 1998 eine nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI oder § 229a Abs. 1 SGB VI versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben und glaubhaft machen, dass sie "bis zu diesem Zeitpunkt", also durchgehend bis zum 31. Dezember 1998, von der Versicherungspflicht keine Kenntnis hatten. Der Wortlaut des Gesetzes findet im Weiteren auch durch eine an Systematik, Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Norm orientierten Auslegung eine Bestätigung. Das sich aus § 231 Abs. 6 SGB VI ergebende Recht zur Befreiung von der Versicherungspflicht stellt ein Gestaltungsrecht dar und wirkt immer auf den Beginn der selbständigen Tätigkeit zurück (vgl. Klattenhoff in Hauck/Noftz, SGB VI, RdNr 63 aE zu § 231). Dieses Recht überlässt dem Berechtigten insofern die eigenverantwortliche "Gestaltung" seines Versicherungsverhältnisses als es ihm freistellt, zwischen der Beibehaltung seines Status als einem der Versicherungspflicht als Selbständiger grundsätzlich Unterworfener und dem Verlust dieses Status zu wählen, und demgemäß gegebenenfalls bereits erworbene Anwartschaften in der Rentenversicherung beizubehalten bzw. - durch Beitragszahlung bei vorhandenem beitragspflichtigen Einkommen - weitere zu erwerben oder nicht. Der Berechtigte kann sich für eine der beiden Alternativen entscheiden. Er kann aber nicht die Befreiung auf einen Teilzeitraum beschränken, beispielsweise so ausüben, dass die Wartezeit für eine Rente wegen Alters erfüllt bleibt (vgl. Klattenhof aaO). Ein so weit gehendes Gestaltungsrecht hat der Gesetzgeber in § 231 Abs. 6 SGB VI nicht ausgeformt (vgl. Klattenhoff aaO RdNr 73 aE mwN). Dies ergibt sich zum einen daraus, dass es sich bei dem Recht aus § 231 Abs. 6 SGB VI um ein Gestaltungsrecht handelt und solche Rechte (wie Kündigung, Anfechtung) nicht selektiv bezogen auf einzelne Vor- oder Nachteile aus einem Rechtsverhältnis ausgeübt werden können, zum anderen - wie noch auszuführen sein wird – aus Herkommen und Ziel der Vorschrift. Wenn aber eine zeitabschnittsweise Teilung des Befreiungsrechts nicht möglich ist (im Übrigen auch entgegen dem Regelungsziel des § 231 Abs. 6 SGB VI zur Erstattung rechtmäßig in Kenntnis der Versicherungspflicht entrichteter Beiträge führen müsste), korrespondiert dies damit, dass auch eine nur zeitweise bestehende Unkenntnis nicht rechtsbegründend ist. Durch einen teilweisen Verzicht auf das Recht aus § 231 Abs. 6 SGB VI lässt sich nichts anderes begründen; § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I) lässt nur einen Verzicht auf "Ansprüche auf Sozialleistungen" zu. Gemeint sind aber nur Ansprüche auf Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die in § 11 SGB I als "Sozialleistungen" bezeichnet und in § 23 SGB I für die Rentenversicherung im Einzelnen aufgeführt sind, Gestaltungsrechte gehören nicht dazu (BSG Beschluss vom 14. September 1998 - BK 13/98 - veröffentlicht in juris), somit auch nicht das sich aus § 231 Abs. 6 SGB VI ergebende Recht. Auch das Herkommen der gesetzlichen Regelung stützt das bereits anhand des Wortlauts gefundene Ergebnis. Hintergrund der Einführung des § 231 Abs. 6 SGB VI war, dass die Erfassung des nach § 2 Satz 1 Nrn 1 bis 3, § 229a SGB VI versicherungspflichtigen Personenkreises in der Praxis nur unvollständig geschah (zu den hierfür maßgeblichen Gründen Klattenhoff aaO RdNr 57). Nachdem der Bundesrechnungshof die Vollzugsdefizite des geltenden Rechts schon in der 13. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages kritisiert hatte, traten diese erneut zu Tage, als nach Einführung der Versicherungspflicht arbeitnehmerähnlicher Selbständiger zahlreiche selbständige Erwerbstätige, die - wie die Klägerin - bereits seit langem kraft Gesetzes der Versicherungspflicht unterlagen, jedoch in Unkenntnis derselben keine Beiträge gezahlt hatten, die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 231 Abs. 5 SGB VI beantragten. In diesen Fällen wurde die Beklagte erst durch die (unbegründeten) Anträge auf Versicherungsbefreiung in die Lage versetzt, die Versicherungs- und Beitragspflicht der Betroffenen - vornehmlich Lehrer und Dozenten – festzustellen. Die hiervon betroffenen Selbständigen hatten oft in gutem Glauben außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung für das Alter, für den Fall der verminderten Erwerbsfähigkeit und zu Gunsten ihrer Hinterbliebenen vorgesorgt. Um unbillige Doppelbelastungen zu vermeiden oder um die rentenversicherungsextern erworbene Sicherung durch deren vollständige oder teilweise Auflösung nicht zu entwerten, ist den betroffenen Selbständigen mit § 231 Abs. 6 SGB VI für eine Übergangszeit bis zum 30. September 2001 eine Befreiung von der Versicherungspflicht eröffnet worden (BT-Drucks 14/5095 S 9). Die damit eröffnete faktische Wahlfreiheit zwischen einer privaten Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung ist nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich zu keinem Zeitpunkt bis zum 31. Dezember 1998 Kenntnis von der Versicherungspflicht bestand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).