LSG Berlin-Potsdam 4. Senat , Urteil vom 17. Februar 2010 , Az: L 4 R 531/07

Wird eine Rente trotz rechtzeitiger Mitteilung einer neuen Bankverbindung weiterhin auf ein Konto gezahlt, dessen Inhaber nicht der Rentner ist, so kann die Rückforderung nicht nach § 50 SGB X durch Verwaltungsakt erfolgen.
Allein durch die Überweisung einer Rente auf das Konto eines Dritten entsteht zwischen dem Kontoinhaber und der Rentenversicherung keine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung. Der Erstattungsanspruch ist die Kehrseite des Leistungsanspruchs.

Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2007 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2003 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit welchem diese einen Betrag in Höhe von 765,07 € fordert.
Die Klägerin war von September 1976 bis etwa 2007 mit dem bei der Beklagten versicherten R K verheiratet, der seit Juli 1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht.
Im September 1997 beantragte der damalige Ehemann der Klägerin die unbare Zahlung der Rente auf das Konto seiner Ehefrau bei der B bank, Kontonummer (Konto Nr.) Bankleitzahl (BLZ) . Auf dem Antragsformular erklärte die Klägerin unter dem 30. September 1997, sie verpflichte sich, aufgrund des Antrags überzahlte Beträge der Deutschen Post AG zurückzuzahlen. Unter dem 2. Juni 2002 teilte die Klägerin der Beklagten eine neue Bankverbindung mit: Konto Nr. , BLZ , Sparkasse B. Es werde gebeten, die weiteren Zahlungen auf dieses Konto zu überweisen. Die Beklagte teilte R K daraufhin mit, dass sie den von der Klägerin geäußerten Änderungswunsch nicht habe berücksichtigen können, da eine Bevollmächtigung für sie nicht vorliege. Veränderungen zum Zahlungsweg seien von ihm persönlich zu unterzeichnen.
Mit am 2. September 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 29. August 2002 zeigte P H der Beklagten seine Bestellung zum Betreuer R Ks an; eine Ablichtung des vom 20. August 2002 datierenden entsprechenden Beschlusses fügte er bei. Außerdem teilte er mit, er habe für den Betreuten ein neues Konto bei der Sparkasse B, BLZ , Konto Nr. eingerichtet und bitte, die Rentenzahlung zum nächstmöglichen Termin umzustellen und auf dieses Konto des Versicherten zu leisten.


Unter dem 12. September 2002 erteilte die Beklagte der Deutschen Post AG Niederlassung (NL) Rentenservice, Köln, einen Änderungsauftrag. Ab sofort seien Zahlungen für R K auf das Konto Nr. , Bankleitzahl , vorzunehmen. Die in dem Vordruck enthaltenen Felder „Name und Vorname des Zahlungsempfängers“, „Name und Vorname des Kontoinhabers“, „Name und Vorname des Berechtigten“ blieben unausgefüllt.
In der Folgezeit teilte der Betreuer der Beklagten mit, dass die Rente für Oktober nicht auf dem von ihm angegebenen Konto eingegangen sei. Auf eine daraufhin von der Beklagten an den Rentenservice der Deutschen Post gerichtete Anfrage teilte dieser mit, da in der Änderungsmitteilung vom 12. September 2002 kein anderer als der bisherige Kontoinhaber angegeben gewesen sei, habe man daran nichts geändert und die Änderung im Übrigen mit Wirkung vom 1. November 2002 berücksichtigt. Aufgrund eines Telefonats mit einer Mitarbeiterin der Beklagten am 16. Oktober 2002 sei dann die Angabe zum Kontoinhaber gelöscht worden. Auch diese Änderung sei mit Wirkung zum 1. November 2002 berücksichtigt worden. Die Zahlung für Oktober 2002 sei auf das Konto bei der Bbank K überwiesen worden, für das als Kontoinhaberin die Klägerin vermerkt sei. Das nunmehr gültige Konto laute , BLZ , Kontoinhaber R K. Ab November 2002 werde die Zahlung dorthin erfolgen. Mit Datum vom 6. November 2002 sei daher die Anweisung zur Einmalzahlung von 765,07 € auf sein Konto weitergeleitet worden.
Anfang November 2002 überwies die Beklagte einen Betrag in Höhe von 765,07 € als „Oktoberrente“ auf das Konto , BLZ , Kontoinhaber R K Anschließend wandte sie sich an die Klägerin. Nach Mitteilung des Rentenservices habe sie die Oktoberrente für R K auf ihr Konto Nr. bei der Bbank erhalten. Da R K zu diesem Zeitpunkt unter Betreuung gestanden und der Betreuer ein Konto für ihn eröffnet gehabt habe, sei die Überweisung zu Unrecht erfolgt. Die Summe von 765,07 € werde daher gemäß § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von ihr zurückverlangt, denn sie habe die Rente ohne rechtlichen Grund erlangt und sei zur Rückzahlung verpflichtet.
Die Klägerin erwiderte, sie lebe seit dem 6. September 2002 in F und verfüge über kein eigenes Einkommen. Sicher gehe aus den Unterlagen der Beklagten hervor, dass die Rente immer auf das Konto Nr. bei der Bbank überwiesen worden sei. Ihr Ehemann stehe seit dem 22. August 2002 unter Betreuung. Warum der Betreuer sich nicht um die finanziellen Angelegenheiten des Betreuten gekümmert habe, entziehe sich ihrer Kenntnis.
Mit als Anhörung bezeichnetem Schreiben vom 6. Januar 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Rente für den Monat Oktober 2002 sei nicht mehr auf ihr Konto zu zahlen gewesen. Es sei beabsichtigt, den Betrag in Höhe von 765,07 € nach § 50 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzufordern. Dessen Voraussetzungen seien nach Lage der Akten erfüllt. Soweit eine unbillige Härte vorliege, bestehe Gelegenheit, diese zu begründen.
Nachdem die Klägerin sich nicht geäußert hatte, erließ die Beklagte unter dem 12. Februar 2003 den angekündigten Rückforderungsbescheid, gegen den die Klägerin am 20. Februar 2003 Widerspruch einlegte. Diesen wies die Beklagte unter dem 22. August 2003 zurück und führte zur Begründung ergänzend aus, nach § 50 Abs. 2 SGB X seien zu Unrecht erbrachte Leistungen zu erstatten, wenn ihnen ein Verwaltungsakt nicht zugrunde gelegen habe. Danach komme ein Erstattungsanspruch insbesondere dann in Betracht, wenn eine unrechtmäßige Zahlung an Dritte aufgrund eines mittelbar zustande gekommenen öffentlich-rechtlichen Verhältnisses erfolgt sei. Ein solches Verhältnis werde begründet, wenn Dritte aus einem unmittelbaren Sozialversicherungsverhältnis Ansprüche des Leistungsempfängers aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften zulässigerweise abgeleitet hätten oder wenn - wie hier - der Leistungsträger eine Rente bewusst gezahlt und der Empfänger dieses Geld als „Rente“ entgegengenommen habe. Der Betrag in Höhe von 765,07 € für den Monat Oktober 2002 sei aufgrund der Verfügung des Rentners vom 2. September 1997 bewusst auf ihr Konto überwiesen worden und sie müsse (aufgrund der jahrelangen Zahlung) diesen Betrag auch als monatliche Rentenzahlung erkannt haben. § 50 Abs. 2 Satz 2 SGB X finde ausnahmsweise keine Anwendung, soweit es um die Rückforderung von unrechtmäßigen Zahlungen an Dritte gehe, mit der Folge, dass auch die §§ 45 und 48 SGB X nicht entsprechend anzuwenden seien. Bei der Rückforderung sei zwar eine Vertrauensschutzprüfung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 45 Abs. 2 SGB X erforderlich, die entsprechenden Voraussetzungen lägen jedoch hier nicht vor.
Daraufhin hat die Klägerin am 5. September 2003 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben. Sie hat vorgetragen, die Rente des Versicherten sei mit dessen Wissen und Wollen auf das von ihm angegebene Konto gezahlt worden, bezüglich dessen sowohl sie selbst als auch ihr von ihr getrennt lebender Ehemann verfügungsberechtigt gewesen seien. Sie sei davon ausgegangen, dass der auf dem Konto bei der Bbank eingegangene Rentenbetrag zur Tilgung der Überziehung aufgrund der laufenden Mietzahlungen erfolgt sei. Über etwas anderes sei sie von ihrem Ehemann nicht unterrichtet worden. Von diesem lebe sie seit Mitte März 2002 getrennt und habe bisher auch keine Kenntnis vom Inhalt und vom Umfang der angeordneten Betreuung gehabt. Im Übrigen habe die Beklagte sie nicht durch Bescheid in Anspruch nehmen dürfen, da ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis nicht bestanden habe.
Auf entsprechende Anfrage des Sozialgerichts hat der Betreuer von R K mitgeteilt, er habe erstmals am 26. August 2002 mit der Klägerin telefonisch Kontakt aufgenommen. Im Rahmen dieses Telefonats habe er das Betreuungsverhältnis angezeigt und mitgeteilt, dass er sich aufgrund der Bestellung zum Betreuer unter anderem um die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Betreuten zu kümmern habe.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 22. März 2007 abgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, die Beklagte habe ihr Rückforderungsbegehren zu Recht auf § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X gestützt. Der Zahlung an die Klägerin habe weder eine formelle Bewilligung der Rentenzahlung noch ein entsprechender materiell-rechtlicher Anspruch zugrunde gelegen. Bei der Rentenzahlung habe es sich um eine zu Unrecht erbrachte Leistung gehandelt. Leistungen im Sinne des § 50 Abs. 2 Satz 1 SGB X seien Sozialleistungen nach den §§ 1 und 11 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), also Geldleistungen, wenn sie zur Erfüllung eines Zahlungsanspruchs bestimmt seien, der aus einem sozialen Recht entstanden sei, und einem (vermeintlich) Empfangszuständigen zuflössen, soweit ein an Treu und Glauben orientierter Zahlungsempfänger dies bei Erhalt des Betrages habe erkennen müssen. Die Rentenzahlung für den Monat Oktober 2002 sei eine Sozialleistung in diesem Sinne. Dabei sei unerheblich, dass die Klägerin nicht selbst Versicherte sei und auch, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr empfangszuständig gewesen sei. Die Leistung sei an die Klägerin auch erbracht worden. Erbracht sei die Geldleistung an den Dritten dann, wenn der Sozialleistungsträger sie dem Zahlungsempfänger bewusst und zweckgerichtet in der vermeintlichen Annahme, er leiste an den Empfangszuständigen, zugewendet und damit dessen Vermögen vermehrt habe und der Empfänger den Zweck der Zahlung als Sozialleistung, den Zahlenden als Sozialleistungsträger sowie sich selbst als den richtigen Zahlungsadressaten des Leistungsträgers habe erkennen können. Die Überweisung habe dem Zweck gedient, dem Versicherten den zuvor bewilligten Vermögensvorteil - die gewährte Rente - zu verschaffen. Die Auszahlung an die Klägerin habe auf der Erklärung vom September 1997 beruht, der zufolge die Rentenzahlungen auf ihr Konto erfolgen sollten. Die Beklagte habe damit an die vermeintlich Empfangszuständige geleistet. Die Klägerin habe den Zweck der Zahlung als Rentenzahlung, den Zahlenden als Sozialleistungsträger sowie sich selbst als den vermeintlich richtigen Zahlungsadressaten auch erkennen können. Dass sie keine Nichtbeteiligte sei, ergebe sich schon aus der am 30. September 1997 abgegebenen Erklärung. Durch diese habe sie sich selbst bewusst in das Über- und Unterordnungsverhältnis begeben. Auch durch die langjährige Praxis der Überweisung auf ihr Konto und die Annahme des Geldes habe sie sich in ein zumindest einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis nahes Verhältnis begeben. Die Überweisung sei auch nicht „versehentlich“, sondern bewusst und zweckgerichtet erfolgt. Maßgebend für die Beurteilung der Versehentlichkeit sei die Kenntnis vom Umstand der neuen Kontoverbindung. Abzustellen sei dabei auf die Deutsche Post AG, denn eine Zurechnung der Kenntnis erfolge nach § 166 BGB analog. Die Deutsche Post AG habe zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht gewusst, dass diese nicht mehr an die Klägerin zu erfolgen hatte, weil in der Änderungsmitteilung kein neuer Kontoinhaber angegeben gewesen sei. Die Rückforderung sei schließlich auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgeschlossen.
Gegen das ihr am 16. April 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. April 2007 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe sie von dem Konto bei der Bbank keine Kenntnis gehabt, obwohl sie formal Kontoinhaberin gewesen sei. Sie habe auch nicht gewusst, dass die Rente auf dieses Konto gegangen sei. Auch die Erklärung vom 30. September 1997 habe sie lediglich unterschrieben, ohne vom Inhalt des Schreibens Kenntnis genommen zu haben. Das Urteil und der angegriffene Bescheid seien schon deshalb aufzuheben, weil es kein öffentlich-rechtliches Verhältnis gegeben habe, das die Beklagte zum Erlass eines Rückforderungsbescheids berechtigt habe. Bei der Rentenzahlung habe es sich auch nicht um eine Leistung an sie gehandelt. Geleistet worden sei die Rente vielmehr im Oktober wie auch in den vorangegangenen Monaten an den Berechtigten, nämlich ihren damaligen Ehemann. Für den Rechtsstreit seien die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nur deshalb zuständig, weil die Beklagte durch Bescheid entschieden habe, nicht deshalb, weil dem Erstattungsanspruch öffentlich-rechtliche Normen zugrunde lägen.
Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (VSNR , 2 Bände) verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichts-gesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie ist statthaft (§ 143 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG). Sie ist auch begründet; das Sozialgericht Berlin hat die Anfechtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Dass die Klägerin den Betrag in Höhe von 765,07 €, die „Oktoberrente“ ihres damaligen Ehemannes, zu Unrecht erhalten hat, ist offensichtlich und zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2003 ist dennoch rechtswidrig, weil die Beklagte nicht durch Verwaltungsakt hätte handeln dürfen.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. (§ 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Voraussetzung für den Erlass eines Verwaltungsakts ist danach, dass zu dem Adressaten eine Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Art besteht. Auch der Erlass eines auf § 50 Abs. 2 SGB X gestützten Rückforderungsbescheids setzt das Bestehen einer derartigen Rechtsbeziehung voraus. Daran fehlt es hier. Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht kein durch Normen des öffentlichen Rechts geregeltes Verhältnis.
Eine unmittelbare Rechtsbeziehung besteht zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht. Nicht sie, sondern ihr geschiedener Ehemann ist bei der Beklagten versichert. Ihm gegenüber ist die Beklagte aufgrund der Rentenbewilligung zu Leistungen verpflichtet, er hat gegen die Beklagte entsprechende Ansprüche. Soweit die Klägerin sich auf dem Formular „Antrag auf unbare Zahlung“ unter dem 30. September 1997 verpflichtet hatte, aufgrund des Antrags überzahlte Beträge der Deutschen Post AG zurückzuzahlen, fand das dadurch entstandene Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten am 2. September 2002 sein Ende. An diesem Tag ging bei der Beklagten das Schreiben vom 29. August 2002 ein, mit welchem der Betreuer P H der Beklagten das Betreuungsverhältnis, den Umfang desselben und schließlich die Einrichtung des neuen Kontos anzeigte und bat, die Rentenzahlung zum nächstmöglichen Zeitpunkt umzustellen. Wie dem von der Klägerin und ihrem damaligen Ehemann unterschriebenen, bei den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Formular „Antrag auf unbare Zahlung“ zu entnehmen ist, geht die Beklagte davon aus, bis zum 5. eines Monats angezeigte Veränderungswünsche hinsichtlich der Rentenzahlung zum Folgemonat umsetzen zu können. Damit konnte die Rente für den Monat Oktober 2002 auch nach Auffassung der Beklagten nicht mehr mit befreiender Wirkung auf das ursprünglich angegebene Konto bei der B bank gezahlt werden. Sie erteilte dem Rentenservice der Deutschen Post AG daher am 12. September 2002 auch (per Fax) den Auftrag, die Änderung ab „sofort“ zu berücksichtigen. Den Anspruch ihres Versicherten auf die Rentenzahlung für den Monat Oktober 2002 erfüllte sie schließlich auch, nachdem der Betreuer sie darauf hingewiesen hatte, dass die Überweisung auf das Konto der Klägerin keine Zahlung mit befreiender Wirkung dargestellt habe, durch Überweisung auf sein Konto bei der Sparkasse B. Da die Zahlung auf das Konto der Klägerin für Oktober 2002 nicht mehr „aufgrund des Antrags“ auf unbare Zahlung erfolgte, traf sie auch aus der im Jahr 1997 diesbezüglich abgegebenen Erklärung keine Verpflichtung mehr.
Schließlich ist durch die bloße Zahlung der Beklagten auf das Konto der Klägerin keine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten entstanden (vgl das Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Bayern vom 30. März 2004, L 17 U 183/03, Leitsatz in SGb 2005, 106, Volltext in juris, m.w.N.; a.A. von Wulffen/Wiesner, SGB X, 4. Aufl., § 50 Rdnrn 3 f., m.w.N.). Die Rückforderung folgt grundsätzlich dem gleichen Recht wie die Leistung. Nach der einhelligen Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist der Erstattungsanspruch nichts anderes als die Kehrseite des Leistungsanspruches (vgl. das Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 29. Oktober 1986, 7 RAr 77/85, BSGE 61, 11; die Urteile des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 30. März 1978, VII ZR 244/76, BGHZ 71, 181, und vom 3. Dezember 1981, VII ZR 282/80, WM 1982, 101; die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVerwG] vom 18. Mai 1973, VII C 3.72, NJW 73, 2122, und vom 23. Juli 1986, 3 B 66/85, Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 65; sowie das Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 1. März 1974, VI R 253/70, NJW 1974, 1784). Es ist also entscheidend, ob die Zahlung im Rahmen eines sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten erfolgte. Dies war, wie bereits ausgeführt, nicht der Fall. Ein derartiges Leistungsverhältnis bestand nur zwischen dem früheren Ehemann der Klägerin und der Beklagten. Die Beklagte war nur ihm gegenüber zur Zahlung von Rente verpflichtet.
Die Zahlung an die Klägerin erfolgte auch nicht aufgrund eines vermeintlichen öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten, das gleichfalls zur Begründung eines Erstattungsanspruches genügen würde. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn die Beklagte aufgrund eines in Wirklichkeit nicht bestehenden, von ihr aber als bestehend angesehenen öffentlich-rechtlichen Verhältnisses an die Klägerin geleistet hätte (vgl. das Urteil des BSG vom 29. Oktober 1986, 7 RAr 77/85, BSGE 61, 11, m.w.N.). Hier ist die Beklagte aber nicht davon ausgegangen, dass der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zustand. Sie wollte der Klägerin überhaupt keine Leistungen erbringen. Die Überweisung erfolgte vielmehr versehentlich, weil der dem Rentenservice der Deutschen Post AG erteilte Änderungsauftrag nicht mit sofortiger Wirkung, sondern erst zum 1. November 2002 berücksichtigt wurde. Ursächlich dafür war, wie die auf Nachfrage der Beklagten dieser vom Rentenservice gegebene Auskunft zeigt, weder der Umstand, dass der Änderungsauftrag in dem Feld „Kontoinhaber“ keine Eintragung enthalten hatte, noch die Tatsache, dass die Klägerin und der Betreuer fast zeitgleich Konten bei der Sparkasse B eingerichtet und die entsprechenden Informationen und Änderungswünsche die Beklagte auch fast zeitgleich erreicht hatten. Letztlich ist es auch ohne Bedeutung, warum die Überweisung der „Oktoberrente“ noch auf das Konto der Klägerin bei der B bank erfolgte. Jedenfalls erfolgte sie nicht mit Wissen und Wollen der Beklagten. Hat die Klägerin nach alledem keine öffentlich-rechtliche Leistung der Rentenversicherung zu Unrecht empfangen, so kann die Beklagte ihren Anspruch auf Erstattung des auf das Konto der Klägerin überwiesenen Betrages nicht gemäß § 50 Abs. 2 SGB X durch Verwaltungsakt geltend machen.


Die Rückforderung der zu Unrecht auf das Konto der Klägerin überwiesenen „Oktoberrente“ richtet sich mithin nach den zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff BGB. Ein solcher Anspruch kann nicht durch hoheitliches Handeln geltend gemacht werden. Der angegriffene, die Klägerin belastende Bescheid war daher rechtswidrig und - wie auch das erstinstanzliche Urteil - aufzuheben.
Da weder die Beklagte noch die Klägerin dem in § 183 SGG beschriebenen Personenkreis angehört, insbesondere die Klägerin nicht Versicherte, Leistungsempfängerin, behinderter Mensch oder Sonderrechtsnachfolgerin ist, findet die Kostenentscheidung ihre Grundlage in § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.

Sachgebiete

Schlagworte
Handeln durch Verwaltungsakt
Rückforderung von einem Dritten
öfftentlich-rechtliche Rechtsbeziehung












Schaer Rechtsprechung DATE \@ "dd.MM.yy" 04.05.10
Verwaltungsrecht Grundsicherung